KÜNSTLERVEREIN WALKMÜHLE

Ausstellung »Die Energie des Lichts«
Exhibition »The Energy of Light«

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Künstlerinformation / Artist information (translation below)


Friedrich Boell

www.lleob.de


»Ladebalken II«, 2022

iPhone-Bildschirme, MDF, Leiterplatte und Mikrocontroller, 102 x 14 x 2,3 cm. Foto: Thomas Lambertz.






Friedrich Boell – Ladebalken I und II

Hunderte von iPhones, die irgendwann einmal von Unbekannten täglich benutzt worden sind. Der Medienkünstler Friedrich Boell verfremdet die iPhones von ihrer ursprünglichen Funktion als Smartphone und fügt ihnen neue Bedeutungen hinzu. Seine erste Arbeit mit iPhones, Dead Pixel, wurde 2018 im Rahmen des Internationalen Licht Kunst Projektes COLLUMINA in Köln ausgestellt. Das Kollektiv aus 196 von ihm gesteuerten, beleuchteten Bildschirmen gleicht aus der Ferne betrachtet einer Rastergrafik. In den neuen Arbeiten Ladebalken I und II beschäftigt sich Boell mit abstrakten Anzeigen der Ladezeiten, bekannt als Progress Bar und Throbber, die jedem bei der Nutzung elektronischer Geräte mindestens einmal im Leben begegnet sind, aber vielleicht nicht bewusst als grafische Darstellungen wahrgenommen wurden. Einerseits irritieren diese »Balken« die Nutzer:innen, wenn sie in einer ewigen Schleife drehen oder bei bestimmten Prozentzahlen verharren. Andererseits besitzen die Balken auch die Fähigkeit, die Nutzer:innen zu beruhigen, wenn geforderte Aufgaben der Geräte tadellos funktionieren.
Auf den ersten Blick sehen die iPhone-Bildschirme von Ladebalken I und II, ordentlich installiert in ihrer speziell angefertigten Fassung, aus wie die gewöhnlichen Produkte, die wir kennen. Sie sind jedoch von Boell präzise programmierte Elemente, die nur in der Konstellation bedeutsam werden. Der Künstler beschädigte absichtlich Teile der einzelnen Bildschirme, um die bestimmten Lichteffekte zu erzeugen, die balanciert in der Fassung positioniert wurden. Dabei bringen seine künstlerischen Erfahrungen sowie Kompetenzen als IT-Systemelektroniker die zu sehenden Ergebnisse mit sich, denn die Schirme und ihre Anschlusskomponenten sind eigentlich sehr empfindlich und zerbrechlich.
Mit der Nutzung der zerbrochenen iPhones Bildschirme weist Boell dezent auf die Kritik der Konsumgesellschaft hin, denn die hochwertigen und kostspieligen Geräte werden außer Acht gelassen, wenn sie defekt sind oder die alten Geräte durch die neuesten Modelle ersetzt werden. Er betrachtet ein iPhone nicht als vollständigen Apparat, sondern achtet auf einzelne Teile, wie Display, Akku und Leiterplatten, die unter anderem aus Kunststoff, Keramik, Metallen wie Kupfer, Eisen, Aluminium, Silber, Gold, Palladium und Platin bestehen. Alle diese wertvollen Rohstoffe und aufwändig hergestellten Teile verlieren ihren Wert, sobald Smartphones nicht mehr funktionstüchtig sind und sich in Elektroschrott verwandeln.
Sein »Remake« der originalen iPhones ermöglicht es, deren bisher unsichtbare Eigenschaften zu erwecken, die wir von einem Kommunikationsgerät nicht erwarten würden. Die ästhetischen Momente sind so erst erfahrbar, weil die Alltagsgebrauchsgegenstände durch Boells künstlerische Intervention von ihrer Funktion befreit wurden.

Text: Nana Tazuke-Steiniger



Friedrich Boell - Charging Bars I and II

Hundreds of iPhones that have at some point been used daily by unknown persons. Media artist Friedrich Boell alienates the iPhones from their original function as smartphones and adds new meanings to them. His first work with iPhones, Dead Pixel, was exhibited in 2018 as part of the International Light Art Project COLLUMINA in Cologne. The collective of 196 illuminated screens controlled by him resembles a grid graphic when viewed from a distance. In the new works Ladebalken I and II, Boell deals with abstract displays of loading times, known as Progress Bar and Throbber, which everyone has encountered at least once in their lives when using electronic devices, but perhaps not consciously perceived as graphic representations. On the one hand, these "bars" irritate the user when they spin in an eternal loop or pause at certain percentages. On the other hand, the bars also have the ability to reassure users when the required tasks of the devices function perfectly.
At first glance, the iPhone screens of Ladebalken I and II, neatly installed in their custom-made setting, look like the ordinary products we know. However, they are elements precisely programmed by Boell that only become significant in the constellation. The artist deliberately damaged parts of the individual screens to create the specific light effects, which were positioned balanced in the frame. In doing so, his artistic experience as well as skills as an IT systems electronics technician bring about the results that can be seen, because the screens and their connection components are actually very sensitive and fragile.
With the use of the broken iPhones screens, Boell discreetly points to the criticism of consumer society, because the high-quality and expensive devices are disregarded when they are defective or the old devices are replaced by the latest models. He does not consider an iPhone as a complete device, but pays attention to individual parts, such as the display, battery and circuit boards, which are made of plastic, ceramics, metals such as copper, iron, aluminium, silver, gold, palladium and platinum, among others. All these valuable raw materials and elaborately manufactured parts lose their value as soon as smartphones are no longer functional and turn into electronic waste.
His "remake" of the original iPhones makes it possible to awaken their previously invisible qualities that we would not expect from a communication device. The aesthetic moments can thus only be experienced because the everyday objects have been freed from their function by Boell's artistic intervention.

Text: Nana Tazuke-Steiniger





»Ladebalken I«, 2022

iPhone-Bildschirme, MDF, Leiterplatte und Mikrocontroller, Ø 65 cm x 2,3 cm. Foto: Thomas Lambertz.




Ladebalken I« (Detail), 2022

iPhone-Bildschirme, MDF, Leiterplatte und Mikrocontroller, Ø 65 cm x 2,3 cm. Foto: Thomas Lambertz.





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